Flugzeugselbstbau
Pottier P 130


Kleine illustrierte Baugeschichte meiner P130


Dies ist meine Pottier P130, wie sie nach gut fünfjähriger Bauzeit zur Endabnahme zum ersten Mal auf einem Flugplatz stand:

Pottier P130


Und als Laie soll man so etwas können?
Mit ein wenig handwerklichem Geschick und räumlichem Vorstellungsvermögen sollte es gehen. Wer schon einmal ein Modellflugzeug gebaut hat mit Flügelholm und Rippen, das ganze mit Papier bespannt, der kennt schon das allermeiste. Aber zuerst muß man sich entscheiden für die Bauweise, die man verwenden möchte, oder besser kann:

Holz und Tuch Metall Kunststoff

.

Natürlich wird jemand, der ein Flugzeug bauen will, auch damit fliegen wollen, also hat er einen Flugschein, eine Pilotenlizenz, oder strebt sie an. Aus dieser ergibt sich dann schon, welche Zulassungsklasse in Frage kommt:

Ultraleicht - UL Experimental


entweder ein Ultraleichtflugzeug, kurz UL, oder ein Experimental, in Deutschland auch E-Klasse genannt, (das Kennzeichen "D-Exxx") in Frankreich FoxPapa, wegen des Kennzeichenbeginns "F-Pxxx".

Für jemanden, der erst einmal hineinschnuppern will in die Vielfalt der Selbstbaumöglichkeiten, gibt es in Deutschland das Jahrbuch "Flügel der Welt", das jede größere Bahnhofsbuchhandlung hat. Daneben gibt es auch die gleichnamige Monatszeitschrift.

Auch ist es sinnvoll, bzw.notwendig, sich einer Selbstbauvereinigung anzuschließen, mit deren Hilfe dann (z.B. in Deutschland) die unvermeidlichen amtlichen Vorgänge, der notwendige Papierkrieg geführt wird. (Denn bevor ein Eigenbau in die Luft darf, muß er den Segen der nationalen Luftfahrtbehörde haben.)
In Deutschland gibt es die "Oskar Ursinus Vereinigung", OUV, (www.ouv.de)
in Oesterreich den "Igo Etrich Club", IEC, (www.amateurflugzeugbau.at),
in der Schweiz.die "Experimental Aviation der Schweiz" EAS, (www.experimental.ch),
in Frankreich den "Reseau du Sport de l'Air", RSA, (www.rsafrance.com),
in England die "Light Aircraft Association", LAA, (www.laa.org.uk)
in den USA die "Experimental Airkraft Association", EAA, (www.eaa.org)

Mit diesen Adressen ins Netz gehen, und die nächsten Tage und Wochen könnten schon ausgefüllt sein.

-


Ich will hier berichten, wie es mit meinem Flugzeugbau gegangen ist.
Erst mit über 40 Jahren habe ich Kontakt zur Fliegerei bekommen. Als ich Fachschuloberlehrer in Rosenheim wurde, kam ich zum dortigen Luftsportverein. Zuerst Segelflug, später Motorsegler und nach einem Umzug nach Piding dann Motorflug im Luftsportverein Salzburg. Alle Schulungen natürlich im Rahmen des jeweiligen Flugsportvereins. Da wurde vom Frühjahr bis zum Herbst je nach Wetterlage geflogen und im Winter in der Werkstatt gearbeitet. Die Flugzeuge wurden gewartet und gelegentlich grundüberholt. Da kann man als helfendes Clubmitglied unter der Anleitung erfahrener Werkstattleiter sehr viel lernen. So ging es mir. - Erst ein Umzug im Rentenalter nach Freilassing gab mir den Anstoß, meinen großen Kellerraum als eigene Flugzeugwerkstatt zu nutzen.
Auf den Gedanken des Selbstbaus kam ich bei einem Besuch beim zweitgrößten jährlichen Treffen von privaten Flugzeugerbauern in Europa, von dem hier in Deutschland nur wenige wissen: dem Treffen der französische Selbstbauvereinigung RSA (Reseau du Sport de l'Air). Bei ihrer alljährlichen Zusammenkunft an einem Juli-Wochenende sind bis zu eintausend Flugzeuge am Platz, davon etwa die Hälfte Eigenbauten.



Chambley 2004

Wie auf einer Perlenschnur aneinandergereiht kann man sie im Endanflug beobachten. Auf diesem Bild sieht man gut, wie sie bei schönem Wetter in großer Zahl nach der Landung zum Abstellplatz rollen.
.
Hier sah ich den Prototypen des P130 von Jean Pottier, gebaut von J.M.Laurent.

P130, #0

Dieser "gelbe Vogel" gefiel mir aus mehreren Gründen:
Seine Bauweise ist Holz und Tuchbespannung. Holzbearbeitung traute ich mir zu. Man kann sehr viel selber machen, so daß für viele Teile nur Materialkosten anfallen und die eigene Arbeit.
Es ist ein Zweisitzer - Nebeneinander. - Gemeinsam fliegen ist schöner, und es sieht der Fluggast nicht nur den Hinterkopf des Piloten.
Es ist kein Tiefdecker, wie die meisten anderen französischen Eigenbauten. Also sieht man mehr von der Gegend, die man überfliegt, weil kein Flügel große Blickwinkel zur Seite unten abdeckt.
Herr Pottier hat, zur Förderung des Eigenbaugedankens, die Pläne für den Nachbau dieses Flugzeuges jedem Mitglied der RSA freigegeben und in der Clubzeitschrift "Cahiers du RSA" veröffentlicht. (Freilich habe ich die Bauanleitung erst einmal ins Deutsche übersetzt).
Und dann hat mir noch ein sehr lieber französischer Fliegerfreund, der leider nicht mehr lebt, Herr Alphons Schwoerer aus Thionville, sehr zum Bau zugeraten.


So ist ein neues Flugzeug umlagert von interessierten Flugzeugenthusiasten:

P130
.


Und wie ging es nun mit dem Bau?

Die Pläne wurden studiert und das Holz und Leim bestellt. Als Holz verwendete ich Oregonpine, von dem ich drei Kanthölzer von 7,5cm x 9cm x 5m kaufen konnte. Es war vollkommen astfrei, war feinjährig, parallel und rechtwinklig im Maserungsverlauf, also ideal. Ich ließ es bei einem Tischler nach meiner Skizze zu den benötigten Leisten aufschneiden, was eine gute Stunde kostete. - Als Sperrholz brauchte ich Okoumé, 1,6mm, 3mm und 10mm stark. Zum Leimen verwendete ich das bewährte Aerodux, das ich von den Winterarbeiten an den alten Segelfliegern im Verein kannte. - Ich sagte schon: die Mithilfe bei den Werkstattarbeiten zur Wartung und Instandsetzung der vereinseigenen Flugzeuge ist nicht eine lästige Mitgliedspflicht, sondern eine fast unbezahlbare Lehre nebenbei.-
Im Werkstattraum wurde als erstes ein Arbeitstisch gebaut von 1,30m x 3,50m. Ebenfalls nach Pottiers Anleitung. Das benötigte Werkzeug hatte ich zum großen Teil. Ich benutzte eine Tischkreissäge, eine Bandsäge, eine Stichsäge, Bohrmaschine, ca. 30 Schraubzwingen, einen Schleifbock und als unübertreffliches Universalwerkzeug die "Powerfeile" von Black und Decker. Einige Steckdosen und Leuchtröhren wurden noch montiert, so daß es in der Kellerwerkstatt fast taghell sein konnte.
Um Übung zu bekommen, begann ich mit kleineren Teilen, dem Leitwerk:

Höhenflosse Leitwerk

Danach ging es dann zügig weiter mit dem Bau von Rippen und Holm:

Rippe

Und dann sah man schon die Tragflügel wachsen:



Eine Herausforderung war dann die Beplankung der Flügelnase mit dem 1,6mm Okumée-Sperrholz. Das Biegen des Nasenradius habe ich gemäß dem Vorschlag von Herrn Pottier mit Wärme gemacht statt mit Wasser. Ein Alurohr mit 40mm Durchmesser wurde 2mm über der Tischplatte befestigt und von einer Seite mit einem Industrieföhn beheizt. Die daruntergeschobene Sperrholzplatte wurde entlang einer Bleistiftlinie langsam hochgebogen, herumgeklappt, und mit Zwingen festgehalten. Nach dem Erkalten blieb der erreichte Nasenradius sauber in Form.
.

Danach mußten noch Klappen- und Querruderbetätigungen eingebaut werden, dann waren die Flächen fertig zum Bespannen und bis dahin waren sie im Weg.
Hier hilft Christoph

 

Also wurden sie unter die Decke gehängt:
Als wieder einmal Söhne und Enkel zu Besuch waren, war das eine Gemeinschaftsaufgabe:
Sohn Christoph nimmt das eine Ende,
Enkel Dominik schaut interessiert zu,


...und am anderen Ende hilft mir Sohn Andreas.
So ist der Arbeitstisch wieder frei.



Mittlerweile war auch ein wichtiges Problem gelöst:
Die Flächen werden knapp durch ein Kellerfenster hinausgehen, zentimetergenau. Und für den Rumpf werden die Seiten und separat alle übrigen Teile gefertigt, aber zusammengesetzt wird er dann in der Garage. (Für den gesamten Rumpf hätte man ein größeres Loch in der Kellerwand und eine schräge Abgrabung zum Garten hin gebraucht.)


Und hier unten liegt C5 auf dem Arbeitstisch, die Rückwand des Cockpits. Die Durchreiche zum Gepäckfach ist noch nicht ausgeschnitten.







Hier liegt das Gerippe der beiden Seitenteile.            >>>

Dann können schon mal einige Teile mit Zwingen zusammengespannt werden, damit man sieht, wie es zusammenpaßt. Verleimen darf ich noch nichts, denn es soll ja noch alles durch das Kellerfenster hinaus. - Am Wochenende kommen wieder mal Sohn und Enkel vorbei, um Opas Baufortschritte zu begutachten. (Die Damen wollten nicht mit aufs Bild.)


Melina im Gepäckraum


Und wenn die Zeit gekommen ist, muß das Werk ans Tageslicht. Hier die Bilder von der Geburt der ersten Fläche, ich ziehe draußen.....während Freund Herbert drunten schiebt. Es ging nur ganz knapp, aber es ging.


So schön ist ein Flügel im Freien!


Für den weiteren Zusammenbau mußte der PKW aus der Garage. Es war eine sehr enge Werkstatt,in der nun gearbeitet wurde, aber es ging. In den kalten Winterwochen konnte ein elektrischer Heizlüfter den kleinen Raum gut erwärmen.


Ein freudiges Ereignis war es dann, als das Fahrwerk montiert war und der Rumpf "auf eigenen Beinen" in den Hof rollen konnte.

Auf den letzten drei Bildern kann man sehen, daß ich dem kleinen Flugzeug einen Rettungsfallschirm angepaßt habe.
(Ein eigener Artikel hierzu wird erreicht mit Klick auf "Fallschirm-Parachute", auch links in der Navigationsleiste.)
Der Verlauf der vorderen Leinen ist gut zu erkennen. Der Packsack mit der Auszugsrakete hat hinter dem Gepäckfach Platz bekommen, gegenüber der Batterie. So ist auch das Schwerpunktproblem gelöst worden, das bei anderen P130ern etliche Kilo Ballast am Leitwerk erforderlich machte.


Im "Rohbau" war der Flieger nun soweit, daß er der Abnahmebehörde vorgestellt werden konnte. Da er eine französische Zulassung bekommen sollte, so war die Gelegenheit günstig, diese "1ère Visite" auf einen Termin zu legen, der sowieso nach Frankreich führte: das alljährliche RSA-Treffen der Flugzeug-Eigenbauer, 2002 in Epinal. Am Freitag vormittags kamen die Herren aus Metz, die sich den Flieger genau anschauten und dann für den Weiterbau freigaben.

Auch Herr Jean Pottier, der Konstrukteur dieses Flugzeugtyps, sah sich den Flieger genau an, vor allem fragte er nach den vorgenommenen Verstärkungen und dem Fallschirm. Er war sehr zufrieden, nur von dem damals vorgesehenen Zweitaktmotor riet er mir ab. - Mit vielen Eindrücken und Anregungen versehen ging es wieder heim und es begann der zweite Teil des Flugzeugbaus, der zur Endabnahme (2me Visite) führte. Aber bis dahin war noch viel zu tun.


Ein ganz großes Problem löste sich bald: Wo finde ich den Platz für die weiteren Arbeiten,besonders für das Bespannen der Flächen und des Rumpfes? Eine Tischlerei im benachbarten Oesterreich hat den Betrieb aufgegeben und es stand viel Platz günstig zur Verfügung.


Die "Firewall" wurde gebaut aus 0,4mm Edelstahlblech, unterfüttert mit 5mm Korkplatte. Darauf wurde dann der Motor montiert. Ein (vom VW-Industriemotor abgeleiteter) Limbach 1700EA mit 65 PS, der schon an einem Scheibe-Motorsegler gedient hatte.


Nun sieht es schon bald fertig aus. Die Motorabdeckung fehlt noch. Das ist noch eine etwas mühselige Arbeit.



Enkel Dominik kommt und hilft gern. Hier schleift er die grundierte Motorhaube:

Nachdem alles mit der Rolle lackiert ist, hat man schon eine gute Vorstellung davon, wie das fertige Flugzeug einmal dastehen wird.



Die Zierstreifen und die Kennung wird ausgeschnitten und aufgeklebt, das sieht schon gut aus.



Ein gut bezahlbarer Hallenplatz für den Flieger ist aber nicht in Sicht, daher entschließe ich mich dazu, einen Anhänger zu bauen, der ein mobiler Hangar sein soll. Mittlerweile weiß ich ja auch, daß ein Zusammenbau in weniger als einer halben Stunde gut zu machen ist, und nur für einige Minuten eine zweite Person als Helfer benötigt wird, um die Tragflächen anzustecken. Die vier Schrauben auf jeder Seite festziehen kann ich dann schon wieder allein. Der Abbau ist genau so einfach.

Bei einem Anhängerhersteller in der Nähe wird das Grundfahrzeug mit Bodenplatte bestellt, den Aufbau mache ich dann wieder selber aus Alu-Vierkantprofilen und Alublech.

Aluvierkantrohr 40x40x3mm

Bald ist das wetterfeste Blechgehäuse fertig

Ausprobieren, wie der Flieger hineinpaßt,

Klappe zu und abfahren!

So kann der Flieger dann auch daheim auf dem Hof stehen, dort gepflegt werden und auf den nächsten Flugtag warten.





Die meistgestellte Frage: Wo gibt es die Pläne?
Schreiben Sie an die Witwe des verstorbenen Herrn Pottier, dort können Sie die Baulizenz und Pläne für ca. 200€ bekommen.
Mme.Genevieve Pottier, 4 manoir de Denouval, F - 78570 Andrésy, Frankreich
Ihre e-mail-Adresse ist:
pottier.genevieve@free.fr

Und nun die letzte Meldung:  Ich habe das Flugzeug  verkauft.  Es  ist  in Frankreich  und wird nach einigem Umbau  als  UL(M)  weiterfliegen.

Ich grüße und verabschiede mich von allen Flugzeug-Selbstbau-Freunden. Ich bin mittlerweile über 80 Jahre alt und widme mich einem anderen Hobby: Ich singe Baßstimme in zwei Chören. - Wenn es Sie interessiert, hier die Homepages der beiden Chöre: 

www.singgemeinschaft-freilassing.de  und  www.musikfreunde-laufen.de